1x1 der Pflanzengesundheit - Die Konkurrenz
(Katalog 2017, Seite 282)
Wir alle wollen gesunde Pflanzen und nach Möglichkeit wollen wir diese auch noch bedenkenlos verzehren... oder? Dann aber müssen wir uns an den Gedanken gewöhnen, dass es eine Pflanze ohne Mitesser gar nicht gibt. Und das hat nicht immer etwas mit ihrem Gesundheitszustand zu tun. Vielleicht müssen wir wieder lernen zu teilen? Alle finden den Schmetterling schön, aber niemand toleriert die Raupe auf dem Kohl. Wie viele lieben den Gesang der Stare? Wer noch, wenn sie den Kirschbaum plündern? Wir sind nicht allein.
Die folgenden kleinen Vegetarier treten oft zu bestimmten Zeiten im Jahr an bestimmten Pflanzen auf:
Blattläuse
Hellgrün bis rote, bis 7mm große Insekten. Lebendgebährend, dadurch sehr schnelle Vermehrung. Ernährung: stechend saugend von kohlehydratreichen Pflanzensäften. Durch Absonderungen von Zucker leben sie in Symbiose mit Ameisen und anderen. Häufiges Auftreten an frischen Austrieben und Jungpflanzen, im Frühjahr oder/und bei großen Temperaturschwankungen von kalt auf warm. Oft gibt es sporadisches Auftreten mit ebenso plötzlichem Verschwinden. An Jungpflanzen mit sehr weichem Laub oder Blütenansätzen können sie große Schäden anrichten.
Erste Maßnahmen: Befallene Stellen entfernen, abspülen, mit Produkten auf Basis von Kaliseife oder Brennesselsud behandeln.
Nützlinge: Schlupfwespe (Aphidius colemani), Florfliegenlarve (Crysoperla carnea).
Weiße Fliege
Mottenschildlaus, adult 1,5 mm geflügelte hellgelbe bis weißliche Tiere. Weibchen legen in der warmen Jahreszeit bis zu sieben 0,1mm große, längliche, gelb-weißliche Eier täglich. Adulte Tiere saugen an Blattunterseite. Häufiges Vorkommen in Gewächshausern, andere Arten auch an Kohl im Freiland.
Erste Maßnahmen: Ältere Blätter mit Eiablage entfernen, gelbe Leimtafeln aufhängen. Behandlung mit Produkten auf Basis von Kaliseife.
Nützlinge: Schlupfwespe (Encarsia formosa).
Echte Rote Spinne (Spinnenmilbe)
gehört zur Familie der Spinnentiere, 0,3 - 0,5 mm groß, von grün bis rot gefärbt - je nach Nahrung. Blätter weisen helle Saugstellen auf, sind durchscheinend oder silbrig glänzend, bei stärkerem Befall Gespinste an jungen Blatttrieben oder Blattunterseite. Auftreten bei hohen Temperaturen im Gewächshaus oder über der Heizung (trockene Luft).
Erste Maßnahmen: Kälter stellen, Luftfeuchtigkeit erhöhen. Befallene Blätter, Triebspitzen mit Gespinsten vorsichtig raus schneiden.
Nützlinge: Raubmilbe (Phytoseiulus persimilis) fungieren hier leider nur als Platzhalter. Bei größeren Populationen vermehren sich die Spinnmilben schneller als die Nützlinge.
Behandlung: z.B. Neem, Spruzit (Anwendungshinweise beachten).
Weichhautmilben
0,1- 0,3 mm kleine gelbgrün bis dunkelgrüne Spinnentiere, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind. Diese, bemerkt man sie nicht rechtzeitig, können unter Glas sehr große Schäden anrichten. Sie saugen an jungen Pflanzenteilen, die dadurch verkrüppeln, kräuseln und eine harte ledrige Struktur bekommen. Bei starkem Befall kommt es zu Wachstumsstopp, was zum Tod der Pflanze führen kann. Zu ihren Lieblingspflanzen gehören Paprika, Chili, Spinat und Auberginen. Hygiene ist bei diesen Tieren sehr wichtig. Verkrüppelte Pflanzenteile müssen vorsichtig, umgehend und großzügig entfernt werden, da sich Weichhautmilben bei Erschütterung fallen lassen. W-Milben lieben hohe Luftfeuchtigkeit und Wärme. Um die Vermehrung einzudämmen, kann man diese verringern.
Nützlinge: Raubmilben (Amblyseius bak./ cuc.) In großen Beständen auch vorsorglich einsetzbar.
Behandlung: z.B.Neem, Spruzit.
Thrips
Fransenflügler. Gehören zur gleichen Familie der Gewittertierchen, die im Sommer bei hoher Luftfeuchte auf der Haut kribbeln. Adulte Tiere sind ca. 1-2 mm lang, dunkel gefärbt und teilweise gestreift. Die Larven sind heller, oft gelb oder grünlich und als winzige Würmchen zu erkennen. Sie schädigen die Pflanze durch Stechen, Saugen und punktuelles Wegschaben des Blattgrüns. Dadurch entstehen silbrig glänzende Flecken auf der Blattoberseite. Häufiges Vorkommen im Sommer. Thrips können sehr schwierig zu bekämpfen sein.
Erste Maßnahmen: Befallene Pflanzenteile absammeln.
Nützlinge: Raubmilben (Amblyseius bak./ cuc.). In großen Beständen mit Thrips-anfälligen Pflanzen auch vorsorglich einsetzbar.
Behandlung: Mit Produkten auf Kaliseifebasis richtig einseifen. Neem, Spruzit.
Schmierläuse / Wollläuse
Häufig Zitrusschmierlaus und langschwänzige Schmierlaus. Bevorzugt warme Gewächshäuser oder Zimmer. Andere Arten winterhart bis -40 C, 12mm groß, weiße wollige Behaarung, hinterlassen einen weißen Schmierfilm. Durch Honigtau-Absonderungen sind die Blätter der Wirtspflanze klebrig, auf diesen siedeln sich gerne schwarze Rußtaupilze an. Besonders an hartlaubigen und krautigen Pflanzen saugend. Kakteen und andere Sukkulente, Zitronen, Zuckerrohr.
Erste Maßnahmen: mit feuchtem Lappen abwischen, mit Seife abwaschen, befallene Pflanzenteile entfernen, Vorgang wiederholen.
Nützlinge: Australischer Marienkäfer (Cryptolaemus montrouzieri). Sehr gute Erfolge, allerdings nur im Gewächshaus bei 22°C.
Trauermücken
Diese Mücken sind bis zu 7mm groß und verdanken ihren Namen ihrer dunklen Färbung. Sie lieben schwarze, feuchte, warme Erde wie bei Aussaaten und Stecklingen, wo sie bei massenhaftem Auftreten zum Problem werden können, da sie die Wurzeln fressen. Vorbeugend eine gute Maßnahme ist, die Substratoberfläche mit hellem Sand zu bestreuen.
Erste Maßnahmen: Gelbe Leimtafeln aufhängen um adulte Tiere abzufangen und Substrat trockener halten.
Nützlinge: Nematoden Steinernema feltiae.
Raupen
Larven von Schmetterlingen. In allen Größen, Formen und Farben ausgestattet mit ordentlichen Fressorganen, die in kürzester Zeit junge Pflanzen kahl fressen können. Ei-Ablage meist an der Unterseite der Blätter einzeln oder als Pakete. Da Raupen gut getarnt sind, verwechselt man ihr Schadbild leicht mit Schneckenfraß.
Vorbeugende Maßnahmen sind beliebte Pflanzen wie z.B. Kohl mit Netzen abzudecken und regelmäßig zu kontrollieren. Direkte Maßnahmen sind regelmäßiges Absammeln der Raupen und Entfernen der Ei-Ablagen.
Pilze
Echter Mehltau: Schlauchpilz, lebt an der Oberseite der Pflanze. Weiße Flecken auf der Ober- und Unterseite, bei warmen Wetter auch im Frühling (Sommerpilz), in späteren Stadium sind Blätter, Triebe, Knospen, Blüten und Früchte mit einer mehligen- schimmeligen Schicht überzogen. Wichtig hier ist frühes Erkennen, befallene Blätter absammeln. Auf Luft im Bestand achten um Ansteckung zu vermeiden.
Vorbeugende Maßnahmen und direkte Maßnahmen sind Pflanzen stärkende Mittel wie Jauchen, Brühen und Tees. Schachtelhalm bei akuten Befall 3x in kurzen Zeitabständen ausbringen, sonst alle 3-4 Wochen. Molke 1:1 mit Wasser verdünnt, 2x wöchentlich. Produkte auf Schwefelbasis.
Falscher Mehltau: Schwieriger zu behandeln, weißlich-graue bis bräunliche Überzüge, vor allem an Blattunterseite, braune bis gelbe Flecken scharf durch Zellen abgegrenzt an der Blattoberseite. Befallene Pflanzen wachsen schlecht, befallene Pflanzenteile sterben schnell ab, da der Pilz im Inneren lebt und ihrem Wirt die Wasser- und Nahrungsleitung blockiert. Eher ein Schlecht-Wetter-Pilz; zu enger Bestand, feuchte und kalte stehende Luft begünstigen sein Wachstum.
Vorbeugende Maßnahmen: Wie bei echtem Mehltau, jedoch sollte man ihn durch seine Hartnäckigkeit besonders im Auge behalten. Tritt er auf, sollte man die Pflanze mit allen befallenen Stellen - wenn möglich - komplett runterschneiden und das Laub über den Hausmüll entsorgen oder verbrennen. Die Pflanze über einen sehr langen Zeitraum mit Schachtelhalm stärken. Kulturmaßnahmen oder Standort ändern. Im biologischen Anbau gibt es Spezialfungizide (z.B. kupferhaltige Präparate) auf deren Einsatzgebiete und Verträglichkeit man aber trotzdem achten sollte.
Unsere kleinsten Mitarbeiter: Nützlinge
Ei von der Florfliege
Florfliegenlarven
Larve vom australischem Marienkäfer
Nützlinge
Haben Sie Vertrauen in das - sichtbare und unsichtbare - Leben! Gestehen Sie einem jeden Lebewesen grundsätzlich eine Daseinsberechtigung zu und begegnen Sie - auch unliebsamen Plagegeistern - mit Achtung! Denken Sie ganzheitlich! Die Welt der Pflanze schließt alles mit ein, vom Mond, der die Wasser der Erde bewegt, bis hin zum Mikrokosmos, den die Pflanze umgibt. Finden Sie Freude am Beobachten, Entdecken und Erkennen - nicht jedes Insekt auf ihrer Pflanze ist schädlich!
Raubmilben
(Amblyseius barkeri/cucumeris) sind 0,5 mm große rotbraun gefärbte und sehr agile Räuber.
Anwendung bei: Thrips, Weichhautmilben, frühzeitig gegen Rote Spinne.
Klima: >16°C, hohe Luftfeuchtigkeit.
Schlupfwespe
(Aphidius colemani) ist 2-3 mm groß und schwarz-bräunlich gefärbt. Die adulten Weibchen suchen gezielt nach Blattläusen und parasitieren diese. In ihrem einwöchigem Leben kann ein Weibchen mehr als 200 Blattläuse parasitieren. Die mumifizierten Blattläuse sind leicht an ihrer aufgeblasenen Gestalt und ihrer gold-bronzenen Färbung zu erkennen. Aus diesen schlüpfen neue Schlupfwespen, die sofort wieder damit beginnen neue Blattläuse zu parasitieren.
Klima: relativ geringe an Temperatur (>15°C) und Luftfeuchte.
Australische Marienkäfer
(Cryptolaemus montrouzieri) sind wie unsere heimischen räuberisch. Sowohl die Larven wie auch die adulten Tiere leben von Woll-/ Schmierläusen. Die adulten Käfer sind 4mm groß und schwarz gefärbt mit orangem Kopf. Die Flügel sind leicht rötlich behaart. Aus den Eiern, die von den Weibchen gezielt in Wolllauskolonien abgelegt werden, schlüpfen Larven die mit ihren langen weißen Wachsfäden den Wollläusen ähneln. Nur werden sie nach einiger Zeit größer und sind mobiler.
Klima: Für einen guten Erfolg sind Temperaturen über 21°C notwendig, die Luftfeuchtigkeit sollte 70% betragen und ab und zu sollte der Bestand mit Wasser übersprüht werden, da die Tiere Trinkwasser benötigen.
Schlupfwespen
(Encarsia formosa) sind 0,4 mm große Insekten mit schwarzem Kopfteil und gelbem Hinterleib. Die Weibchen parasitieren die Eier der Weißen Fliege, die sich nach der Eiablage schwarz färben. Junge Entwicklungsstadien der weißen Fliege werden angestochen und ausgesaugt.
Klima: Durchschnittstemperaturen von 17°C.
ördern Sie Nützlinge, z. B. durch das Anlegen von Insektenhotels
Pflanzenstärkung
Einige dieser Mittel können leicht selber hergestellt werden, andere sind dank ihrer Nachfrage schon im Handel erhältlich, aber meist sehr teuer. Unter www.stadtentwicklung.berlin.de/pflanzenschutz finden Sie Rezepte zu Brühen, Jauchen und Tees vom Pflanzenschutzamt Berlin.
Werden sie über das Substrat der Pflanze gegeben, also gegossen, ernähren sie vor allen Dingen das Bodenlebewesen wodurch ein gesundes Bodenmilieu entstehen kann. Ob gegossen oder gespritzt, die richtige Dosierung ist auch bei selbst hergestellten pflanzlichen Auszügen wichtig. Hier ein paar Beispiele:
Schachtelhalm
Equisetum arvense, enhält Kieselsäure, die das Pflanzengewebe härtet. Die Pflanzen können sich so besser vor Pilzen und Insekten schützen und kommen mit Schäden besser zurecht. Wird vor allem bei pilzanfälligen, schwachen und Jungpflanzen eingesetzt.
Brennessel
Urtica dioica. Kurz angesetzte Jauche wirkt ätzend und wird gegen Blattläuse angewendet. Durch den hohen Stickstoffgehalt der Jauche ist Brennessel ein Powerdünger, der sehr gut verträglich ist. Aber Vorsicht! Wird mit Brennesseljauche überdüngt schmeckt die Ernte eventuell nach Jauche.
Knoblauch
Allium sativum, wird ausgekocht. Gespritzt oder gegossen fördert es das Aroma. Es stärkt die Pflanze wirkt antiseptisch und hält durch den Geruch einige Insekten ab. Soll bei Erdflöhen helfen.
Quarzsand
Durch den Mineralstoffanteil ist Quarzsand, in Wasser gelöst und gegossen, gut zur Förderung des Bodenlebens und zur Aktivierung. Zerstäubt man den feinen Sand im Bestand kann sich das schädigend auf beißende Insekten mit Chetinpanzer auswirken. Die sensibelen Fressorgane und Gelenke werden durch den Quarzsand aufgerieben. Wird z.B. eingesetzt gegen Kartoffelkäfer.
Es gibt noch einige andere Pflanzenstärkungsmittel z.B. Algenpräparate., Präparate auf der Basis von Aminosäuren, Zuckermelasse, Milchsäurebakterien, Effektive Mikrorganismen oder Kompostsäfte, die auch schon im Handel erhältlich sind. Hier gilt es auszuprobieren aber genau hinzuschauen. Manches Mal werden einfache Jauchen als überteuerte Wundermittel angepriesen.
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